Veröffentlichung der Neuen Westfälischen Hiddenhausen/Herford am 29. Januar 2011

 

                            

 

Lokales

Alles über meinen Vater

Reinhilde Lübbens Internet-Biografie von Heinrich Ottensmeier, der mit Lippinghausen eng verbunden war


VON THOMAS DOHNA


UND ULF HANKE

Lippinghausen/Löhne. Reinhilde Lübben hat sich Großes vorgenommen. Im Internet arbeitet sie an einer Biographie ihres Vaters, des Heimatforschers und Mundartdichters Heinrich Ottensmeier. Er hat in den besten Zeiten des Plattdeutschen Michaelistreffens in Lippinghausen neun Mal den Preis des besten plattdeutsch Erzählers bekommen.

Es gibt nicht viele Menschen, deren Geburtshaus ein Museum geworden ist. Reinhilde Lübben ist so ein Mensch. Sie sitzt im Vortragssaal des Löhner Heimatmuseums neben den Stoßzähnen eines Mammuts, Auge in Auge mit einem mannshohen Abbild dieses Rüsseltiers. Das Museum war ihr Zuhause. Da war es noch eine Schule.

Reinhilde Lübben ist die einzige Tochter des Löhner Heimatforschers und Volksschullehrers Heinrich Ottensmeier. Um im Bild zu bleiben: Der Volkslehrer Ottensmeier ist für Löhne und für die plattdeutsche Szene in der Region ungefähr das, was das Mammut für das Heimatmuseum ist. Reinhilde Lübben hat in jahrelanger Arbeit den Nachlass ihres Vaters sortiert und veröffentlicht nun seine Biografie.

Das Werk der 57-Jährigen ist kein Buch, keine umfassende Lebenserzählung, sondern eine frei zugängliche Internet-Seite: eine Homepage als Hommage an einen großen Löhner. „Das hätte ihm bestimmt gefallen“, sagt die Tochter und schmunzelt bei dem Gedanken, dass jeder Mensch mit Rechner und Anschluss ans weltweite Datennetz nun die plattdeutschen Geschichten ihres Vaters finden kann, von denen er viele beim Lippinghauser Michaelistreffens vorgetragen hat. Auch wenn der Rummel um die eigene Person ihm sicherlich unangenehm gewesen wäre.

Friedrich Wilhelm Büscher hat ihr dabei geholfen. Er hat die Geschichten von den Manuskripten ihres Vaters abgetippt und in den Rechner eingegeben. Büscher ist ein ehemaliger Schüler Heinrich Ottensmeiers. Genauso wie dessen Tochter Reinhilde selbst. Doch anders als sie hat Friedrich Wilhelm Büscher schon in der Volksschule seine Vorliebe fürs Plattdeutsche entdeckt. Das ist Heinrich Ottensmeier nicht verborgen geblieben. Wenn man so will, ist Büscher ein Musterschüler des Plattdeutsch-Lehrers. Der 75-Jährige spricht es fließend und auf vielen öffentlichen Veranstaltungen.

Die Idee zur Homepage hat Reinhilde Lübben schon länger mit sich herum getragen. Seit fünf Jahren ist die Seite reserviert. Eine schwere Krankheit hat sie jedoch zunächst davon abgehalten, die Biografie zu bearbeiten. Ihre Arbeit als Sozialpädagogin und Leiterin eines Kindergartens hat sie deshalb aufgegeben. „Aber jetzt habe ich die nötige Zeit und Muße dazu“, sagt Reinhilde Lübben.

Ihr Bruder Hermann Ottensmeier hat sie in ihrer Arbeit bestärkt. Der Lehrer und Ratsherr der Bürger-Allianz hat zwar selbst eine Doktorarbeit über ein historisches Thema geschrieben, aber an der Internet-Biografie nicht mitgewirkt. „Dazu hat er nicht die Muße“, sagt seine Schwester. Damit die Seite in der weltweiten Datenflut nicht untergeht, hat die Autorin viele Verbindungen geknüpft. „Vernetztes Denken entspricht meiner Lebensauffassung“, sagt sie. Links verweisen auf Zeitungen und andere Ahnenforscher. Der Schutz noch lebender Persönlichkeiten ist ihr dabei wichtig gewesen. Ihre Seite versammelt nur Daten bis zum Todestag ihres Vaters 1983.

Reinhilde Lübben hat ihrem Vater ein digitales Denkmal gesetzt. Ganz auf das Papier will sie aber nicht verzichten. Der Nachlass ihres Vaters solle später einmal im Löhner Stadtarchiv einen Platz finden, sagte sie. Löhnes Stadtarchivar Joachim Kuschke, der bei der Vorstellung der Internet-Biografie dabei war, bekundete sogleich großes Interesse. Kuschke könnte sich auch vorstellen, eine Biografie des Heimatforschers zu drucken: Als Sonderband der „Beiträge zur Heimatkunde der Stadt Löhne“, für die Heinrich Ottensmeier selbst so oft geschrieben hat.

www.heinrich-ottensmeier.de

 

© 2011 Neue Westfälische
Herforder Kreisanzeiger, Samstag 29. Januar 2011

 

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Lebensweg des „kleinen Kerlchens“


Dass der Löhner Bahnhof nicht in Löhne, sondern in Gohfeld steht, ist unter Heimatkundlern ein geflügeltes Wort. Es geht auf Heinrich Ottensmeier zurück, der in einem Vorwort zum Sommerprogramm der Waldbühne Wittel 1970 die Geschichte des Bahnhofs aufs Korngenommen hatte. Heinrich Ottensmeier wurde am 7. September 1897 auf dem Ottenshof auf dem Wittel geboren. Er leitete bis zur Pensionierung 1963 die Volksschule Bischofshagen, wurde dann als Aushilfe zurück in den Schuldienst geholt und lehrte noch zehn weitere Jahre bis 1973.

Er war in erster Ehe mit Mathilde Niemann bis zu deren Tod 1949 verheiratet. 1951 heiratete er die 24 Jahre jüngere Hanna Personn. Aus beiden Ehen stammen jeweils zwei Kinder. Heinrich Ottensmeier starb am 16. März 1983. Humor hat er bei all seiner Heimatforschung immer bewiesen. Auch vor sich selbst hat er nicht Halt gemacht. So hat er über seine Geburt gesagt: „Man hat mir erzählt, dass ich ein so kleines Kerlchen gewesen sei, dass man mich habe in der Wiege fast nicht wiederfinden können.“

Ottensmeier war ein häufiger Gast auf dem Michaelistreffen. Dort mußte man sein, wenn man etwas auf die plattdeutsche Sprache hielt. Rund 50 Jahre trafen sich in Lippinghausen plattdeutsche Gruppen und Laienspielscharen, um sich und ihren Gästen Theaterstücke und Erzählungen vorzuspielen und anzuhören. Schon beim ersten Michaelistreffen 1956 bekam die Laienspielschar vom Wittel unter der Leitung von Heinrich Ottensmeier den Michaeliswimpel als Wanderpreis überreicht.

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Herforder Kreisanzeiger, Samstag 29. Januar 2011

 

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