Veröffentlichung der Löhner Zeitung am 20. November 2010

                            

 

Löhne-Bischofshagen. „Lehrer Ottensmeier war immer ein fleißiger Mann und ich habe ihm viel zu verdanken“, war eine der zahlreichen Erinnerungen an Heinrich Ottensmeier, dessen Leben und Wirken jetzt bei einem Vortrag seiner Tochter Diplom Sozialpädagogin (FH) Reinhilde Lübben (Bünde) im Vordergrund stand.

Sie hat es sich zur Aufgabe gemacht an den Menschen, Pädagogen und Heimatforscher Heinrich Ottensmeier, an seine plattdeutschen Geschichten, heimatkundlichen Aufsätze und an sein intensives ehrenamtliches Engagement zu erinnern. Seit 2005 wird kontinuierlich auf einer eigenen Webseite www.heinrich-ottensmeier.de ein Teil des umfangreichen Lebenswerkes des 1983 Verstorbenen Hauptlehrers und Leiters der Volksschule Bischofshagen der interessierten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Inzwischen sind fast alle der über 180 plattdeutschen Geschichten, die Heinrich Ottensmeier zu seiner Zeit in den Lokalzeitungen veröffentlichte, „online“.

An diesem Abend stand der Pädagoge Ottensmeier, der fast 43 Jahre in der Schule in Bischofshagen unterrichtete und auch dort wohnte im Mittelpunkt. „Es ist für mich ein wahres Geschenk, die Schulchronik, die mein Vater geführt hat, entdeckt zu haben und einsehen zu dürfen“, beschrieb Reinhilde Lübben die interessante Recherche zu ihrem 2-stündigen Vortrag und bedankte sich für die Unterstützung des Leiters des Heimathauses, Herrn Stadtarchivar Joachim Kuschke.

Zahlreiche ehemalige Schüler Ottensmeiers und heimatgeschichtlich Interessierte hatten in den unbequemen Schulbänken in der Ausstellung im Heimathaus Platz genommen  und hörten interessiert und engagiert „Altes und Neues“ über den Schulmeister vom Hagen. Von unschätzbarem ortsgeschichtlichen Wert sind die Aufzeichnungen über Geschehnisse im Schulbezirk Bischofshagen, die weit über die eigentlichen „Schulereignisse“ hinausgehen. Eindrücklich schilderte Lübben die Auswirkungen des 3. Reiches, des Krieges und der Nachkriegszeit auf die Schule und die Menschen auf dem Bischofshagen bis hin zum „Aus“ der Schule 1968. Sie arbeitete heraus, dass die Schule immer ein Mittelpunkt des Ortes gewesen sei und auch heute noch viele „Häger“ die Möglichkeit nutzen, sich dort zu Veranstaltungen zu treffen. Leider hat Heinrich Ottensmeier es nicht mehr erlebt, dass „seine“ Schule zum Heimatmuseum der Stadt Löhne wurde, aber er hätte sich sicher darüber gefreut.

Friedrich Wilhelm Büscher ließt eine Spukgeschichte vor. Interessierte Zuhörerinnen und Zuhörer - viele ehemalige Schüler von Heinrich Ottensmeier  -
auf alten Bänken in der Schulausstellung sitzend.
Reinhilde Lübben bei ihrem Vortrag am Lehrerpult

Mit einer mehr als dreißigseitigen Powerpoint-Präsentation von Fotos aus dem Leben und Wirken von Heinrich Ottensmeier, sowie alten Klassenfotos wurde der Abend bereichert. Aber auch akustisch kamen die Besucherinnen und Besucher auf ihre Kosten: Es wurde eine „Kostprobe“ einer Originaltonbandaufnahme von Ottensmeier vorgeführt und das Erstaunen über die „Stimme aus der Vergangenheit“ war sehr groß. Friedrich-Wilhelm Büscher, selbst ehemaliger Schüler und Nachfolger Ottensmeiers als Spielleiter der Waldbühne Wittel, las eine plattdeutsche Spukgeschichte „Bange wi Äafte in’n Podde“ aus der Feder seines Lehrers vor. Im Anschluss an den Vortrag gab es noch viele Gespräche und die Erinnerungen wurden weiter aufgefrischt und ergänzt.

Die Zeit Heinrich Ottensmeiers als Lehrer auf dem Bischofshagen war sicherlich eine höchst interessante Zeit, verbunden mit ständigem Wechsel, ständigen Veränderungen und Herausforderungen. „Das einzig Beständige ist die Veränderung!“

„Aber“, so Reinhilde Lübben, „unser Vater ermahnte uns immer, aus den Fehlern der Vergangenheit zu lernen und den Wert von Demokratie und Freiheit zu schätzen, zu bewahren bzw. aktiv dafür einzutreten.

Dass er sich trotz allem seinen feinsinnigen Humor bewahrt hat und er ein dankbarer und zufriedener Mensch war, ist für mich eine besonders herausragende Eigenschaft.

Er konnte sich auch „selbst auf die Schippe“ nehmen und erzählte oft die Geschichte vom Lehrjungen, der beim Tischler seine Lehre begonnen hatte:

Am Abend des ersten Tages fragte, der Lehrjunge auf platt: „Mester, wonöa gifft ett Volöaf?“ (Meister, wann gibt es Urlaub?). Der Meister schickte den Jungen nach Hause. Als das gleiche am nächsten Abend, nachdem die Werkstatt gefegt war, wieder so ablief, sagte der Meister zum Lehrjungen: „Schick doch mal deinen Vater bei mir vorbei!“. Der Vater kam, um sich mit dem Meister zu unterhalten. Er fragte, wie der Meister denn mit der Arbeit seines Sohnes zufrieden sei. Der Meister sagte: „Alles bestens! Nur jeden Abend die Frage: „Mester, wonöa gifft ett Volöaf?“ (Meister, wann gibt es Urlaub?), die kann ich nicht akzeptieren und ich muss mich wohl von ihm trennen.“ „Oh, bitte
nicht!“, bettelte der Vater. Wir sind so froh, dass er hier eine Lehrstelle gefunden hat, denn wir haben schon große Sorgen mit dem Jungen gehabt, er hat im Krankenhaus gelegen und musste sogar eine Bluttransfusion haben. Was kann der Junge dafür, dass sie von einem Lehrer war!!!“

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