Das Schierholz bei Löhne – eine Stätte der Erbhöfe

von
Heinrich Ottensmeier

 

Hart an der Löhner Eisenbahnbrücke zweigt von der Königstraße die Schierholzstraße ab, die uns im weiten Bogen in südlicher Richtung zum „Schierholz“ führt, dem diese Straße ihren Namen verdankt. Der erste Teil dieser Straße hat zwar mit dem eigentlichen Schierholz wenig oder nichts zu tun, da der eigentliche Schierholzer Weg dem jetzigen Wege „Am Mühlenbach“ folgte, die jetzige Oeynhauser Straße kreuzte und darüber hinaus über eine alte Fähre die Verbindung mit der alten Schockemühle herstellte.

Vom Schierholz selbst und seinem ursprünglichen Charakter sind nur noch kümmerliche Reste verblieben. Der Name deutet, wie so viele unserer engeren Heimat, auf den einstigen reichen Waldbestand hin. Was bedeutet aber nun die erste Silbe des Wortes? „Schier“ ist mit „schier = nur“ im heutigen Sprachgebrauch nicht gleichzusetzen, obwohl man annehmen könnte, es sei früher „schierer“ Wald gewesen. „Schier“ bedeutet hier „Scheide“ oder „Trennung“. Eine „Schierwand“ ist eine Trennwand; ein „Schierbaum“, ein Trennbaum, den man zwischen zwei unverträgliche Pferde legt.

Aber was trennt denn das Schierholz? Westlich des Schierholzes begann die große Mark, die ohne feste Grenze bis in die Gemeinde Löhne hineinreichte. (Im Jahre 1752 waren die Bischofshagener Eingesessenen „wegen der Hude und Weide mit der Bauerschaft Löhne in proceß Befangen“). Man muß daher annehmen, daß das Schierholz ein Grenzwald zwischen den alten Gemeinden Gohfeld und Löhne war.

Alte Hof- und Besitznamen.

Die erste Ansiedlung im Schierholz ist ohne Zweifel der „Schierholzhof“ (Besitzer ist die Familie Sander/Anker, Bischofshagen Nr. 15). Der erste Ansiedler trug keinen Haus- oder Familiennamen, sondern wurde lediglich mit seinem Vornamen unter Beifügung des Wortes „im Schierholz“ benannt. Er war dann eben der „Schierholz“.

Im Revisionsregister der Vogtei Gohfeld vom Jahre 1682 finden wir unter Nr.15 der Bauerschaft Bischofshagen folgende Eintragung: „Henrich, itzo Lips Schierhold, ein dem Amt Eigenbehöriger Kötter gibt jährlich

An Zinskorn: 4 sch (Scheffel) Rocken, 12 sch Hafer, 2 sch Gerste, an Viehe: 1 Mastschwein oder 18 gl (Groschen), 1 Ganß, 1 Rauchhuhn.

An stehenden Sommer und Winterdienstgeld: 18 gl. Sommer-, 18 gl. Winter-Dienstgeld.

An allerhand kleinen Geldgefällen: 6 ch (Pfennig), Pfingst, 6 ch Michaelisschatz, 8 gl. Wisch oder Zuschlagsgeld.

An Diensten: Dient wöchentlich zwei Tage mit der Hand oder gibt 3 th (Taler). Wenn er ins Register gedungen thut er noch 3 freye Handdienste. Gibt sooft der Fall kömmt, wegen des Eigetumbs Weinkauff, Erbtheil und muß Freybriefe lösen“.

Hat bei seiner Städte an Länderey

Saatlandt                                                  36 1/  Morg.,    7 Ruth,         -- Fuß

Wießenlandt                                              2 ½  Morg,     --Ruth,          -- Fuß

Garthenlandt                                                ½   Morg,     1 Ruth,         -- Fuß

Busch                                                          5/8 Morg,     9 Ruth          -- Fuß     

Summe                                                     39 ¾  Morg,     9 Ruthen      -- Fuß

In unmittelbarer Nähe des Schierholzbauern wohnt der Meinert heute (Schepper, Bischofshagen). Das genannte Verzeichnis führt unter der Nr. 18 den Herm. Hernach Henrich, itzo (jetzt) Tönnies Otto Meinert, ein dem Ambt eigenbehöriger Kötter, auf. Seine Verpflichtungen sind ähnlich denen des Schierholz

Er bewirtschaftet

                            30 3/8 Morgen, 14 Ruthen, 2 ½ Fuß Saatland

                            1 ¾ Morgen, 14 Ruthen, 2 ½ Fuß Wiesenland

                            3/8 Morgen,  --  Ruthen,  --  Gartenland

                            1 Morgen, 6 Ruthen,  --  Busch

                            Zusammen 32 7/8 Morgen, 7 Ruthen, 7 ½ Fuß.

„Meinert soll nach Kornfeld, „Gohfelder Familiennamen“ (Weserpforte Nr 166 vom 18. 7. 1936) von „megan“ – Kraft abgeleitet sein. Der Name „Herm-Meinert“ hat sich bis heute im Volksmund erhalten.

Auch der Kötter Rolf, itzo Otto Meinert (heute Stuke gen. Stuken-Meinert, Bischofshagen Nr. 16) ist dem Amte eigenbehörig und hat etwa die gleichen Dienste und Abgaben zu leisten wie sein Namensvetter, doch sind seine Ländereien etwas größer. Er bearbeitet insgesamt 41 1/8 Morgen, 2 Ruthen, 9½ Fuß Land. Als dritter Meinert wird der Brinksitzer Hermann Meinert (Schepper, Bischofshagen 60) aufgeführt. Diese Besitzung scheint nach Lage der Ländereien zu urteilen, von dem Hofe Stuken-Meinert abgezweigt zu sein, denn sein Besitz bleibt in der Größe weit hinter dem der Vorgenannten zurück. Der „Birkenmeinert“, wie ihn die Gohfelder Kirchenchronik nennt, verfügt nur über 3 7/8 Morgen Saatland und ½ Morgen, 5 Ruthen Gartenland. In „Berkemeier“ hat sich der alte Name bis heute erhalten.

Unmittelbar am Schierholzweg liegt die Besitzung Hilgenböker, Bischofshagen 42. Sie scheint durch Abtrennung vom Schierholzhofe entstanden zu sein, da einmal die Ländereien immer in Anlehnung an die des großen Nachbarn aufzufinden sind, außerdem auch der Name Schierholz verschiedentlich in anderen Akten als Besitzername auftritt. Dem steht nicht entgegen, daß in der Höferolle des Jahres 1682 als Besitzer der Brinksitzer Johann Schröter aufgeführt ist. Da der „Schröter“ der Schneider ist, scheint hier die Berufsbezeichnung dem  Hausnamen gleichgestellt zu sein. Seine Besitzgröße ist nicht vermerkt, doch kann sie, nach den Verpflichtungen zu urteilen, nur klein gewesen sein. Er betrieb die Landwirtschaft eben nur im Nebenberuf.

Der „Heilige Antonius“

Zum Bereich des Schierholzes müssen wir auch noch die Besitzung des “Freyen Brinksitzers Henrich Kröger“ (Krüger, Bischofshagen 62) rechnen. Dieser freie Mann besitzt nur einen halben Morgen Gartenland. Seine Abgaben und Verpflichtungen fallen deshalb bis auf ein Gartenhuhn fort. Es scheint sich um einen Neubauern zu handeln, der kurz vor 1682 vom „alten Krug“ in Bischofshagen in unmittelbarer Nähe der Mark angesiedelt wurde. In späteren Zeiten treten die „Herm-Kröger“ wiederholt als Untervögte der Bauerschaft Bischofshagen auf. In diesem Amt fand sich mancherlei Gelegenheit, durch Kauf den Besitz auf dem alten Markengrund zu der späteren Größe zu entwickeln.

Ähnlich liegen die Verhältnisse bei dem Brinksitzer „Der kleine Tönnies“ (heute Tühns genannt). Auch hier handelt es sich um eine Neugründung des 17. Jahrhunderts, zumal er nur über etwas Gartenland in Größe eines viertel Morgens verfügt. Er ist jedoch eigenbehörig und hat ein kleines Mastschwein und ein Rauchhuhn zu liefern. Wie dieser Mann zu dem Namen des Heiligen Antonius (später Augustinus) kommt und wie er sein Brot verdient, ist nicht ersichtlich.

Die Neusiedlung „Friedrich Thielker“ (Böker, Bischofshagen 70) findet erst im 18.Jahrhunder Erwähnung.

Als letzter Hof im nördlichen Schierholz ist noch der „Brinksitzer Abecke itzo Lüdecke Steffen“ (Abke, Bischofshagen 23 – Schulstraße) zu erwähnen. Seine Abgaben sind ähnlich denen der anderen Brinksitzer, doch dient er nur „umb die dritte Woche 1 Tag“. Sein Besitz umfaßt 20 3/8 Morgen, 8 Ruthen, 3 Fuß Saat-, Gartenland und Busch.  –

Es würde zu weit führen, die um die letzte Jahrhundertwende eingesetzte bauliche Entwicklung auf dem Grund dieser alten Schierholzhöfe näher zu behandeln. Sogar die Industrie hat sich 1929 durch den Bau der Möbelfabrik Gebrüder Baumann seßhaft gemacht. Doch die alten Erbhöfe haben trotz mancher Aderlasse hart um ihr Bestehen gekämpft und ihre Lebensfähigkeit unter Beweis gestellt. Wird es ihnen auch in Zukunft gelingen? – Die Frage wird allein von der Entwicklung des Ortes Löhne-Bahnhof bestimmt

Heinrich Ottensmeier
aus der Jubiläumsfestschrift „300 Jahre Schule Bischofshagen“ 1960.