Die Mühlen in der Gemeinde Gohfeld

von
Heinrich Ottensmeier

 

„Es klappert die Mühle am rauschenden Bach, klipp, klapp.
Bei tag und bei Nacht ist der Müller stets wach, klipp, klapp.
Er mahlet das Korn zu dem kräftigen Brot,
und haben wir dies so hat’s keine Not, klipp, klapp, klipp, klapp, klipp, klapp.

Flink laufen die Räder und drehen den Stein, klipp, klapp,
und mahlen den Weizen zu Mehl uns so fein, klipp, klapp,
der Bäcker dann Zwieback und Kuchen draus bäckt,
der immer uns Kindern besonders gut schmeckt, klipp, klapp, klipp, klapp, klipp, klapp.

Wenn reichliche Körner das Ackerfeld trägt, klipp, klapp,
die Mühle dann flink ihre Räder bewegt, klipp, klapp,
und schenkt uns Gott Vater nur immerdar Brot,
sind wir geborgen und leiden nicht Not! klipp, klapp, klipp, klapp, klipp, klapp!“

 

So haben wir in unserer Jugendzeit fleißig gesungen und wußten um die Mühle und um den Sinn dieser Verse. Und heute?! – Heute geht es den Mühlen unverdientermaßen schlecht. Sie sterben oder sind schon gestorben. Wieviel Mühlen können wir alle aufzählen, die stillgelegt oder ganz verschwunden sind. Die Wassermühlen und die Windmühlen sind Schwestern, die dem gleichen Ziele dienten, dem Menschen zum Brot zu verhelfen.

Die Wassermühle ist die weit ältere der beiden Schwestern. Schon die Römer erkannten den Wert und die Kraft des Wassers, gaben den umständlichen und schweren Handmühlenbetrieb auf und bauten am Tiberfluß die ersten Wassermühlen.

Bevor wir uns aber nun weiter mit den Wassermühlen und Windmühlen beschäftigen, wollen wir uns zunächst die Handmühlen ansehen. Ich bin davon überzeugt, daß die Handmühlen in ihrem Ursprung einfache Steine waren, zwischen denen man die Körner zerschlug und zerrieb. Wir haben zwei Originalmühlen in unserem Heimatmuseum, die meines Wissens in Obernbeck gefunden wurden. Man muß ihr Alter auf mindestens 2000 Jahre schätzen. – Die beiden kreisförmigen Steine, die die Mühle bilden, haben etwa einen Durchmesser von 40 bzw. 42 cm. Der untere Stein ist in der Mitte vertieft. In die Vertiefung legte man das zu vermahlende Getreide. Der obere Stein, der entsprechend zu dem unteren passte, hatte ein Loch, in das man einen Stock steckte und ihn im Kreise bewegte. So wurde das Korn zerrieben, zermahlen.

Das Prinzip der rotierenden Steine hat man auch bei den Roßmühlen, den Wasser- und Windmühlen beibehalten. Natürlich konnte man nun größere Steine, durchweg Sandsteine, verwenden. Zur schnelleren Zermahlung versah man die Steine auch noch mit Rillen. Diese Mühlsteine hatten einen Durchmesser von mehr als einem Meter.

Im vierten Jahrhundert nach Christi Geburt haben die Römer ihre Kenntnisse mit nach Germanien gebracht und an Rhein und Mosel Wassermühlen angelegt. Natürlich mußten in wasserarmen und moorigen Gebieten weiter Hand- und Tretmühlen und weiter Roßmühlen benutzt und von Menschen und Tieren angetrieben werden. In Westfalen hießen die Handmühlen Querne. Das Wort ist uns noch in dem Orts- und Familiennamen Quernheim erhalten.

Die Windmühlen kamen erst durch die Kreuzzüge aus dem Orient zu uns. Ihr Herrschaftsbereich wurden dann die trockenen und moorigen Gebiete Niederdeutschlands. – Bekanntlich gibt es Windmühlen aus Holz und aus Steinen, die Bockwindmühlen und die Turmwindmühlen, die der Osten als holländische Windmühlen kennt. Die Bockwindmühle baut sich um einen Festen Holzständer, den Hausbaum, auf, um den dann der ganze Holzbau zur Windrichtung gedreht wird. – Die Flügel werden von einer meist achteckigen, drehbaren Haube mit Hilfe einer Windrose gehalten. Die Turmwindmühle ist erst im 18. Jahrhundert bei uns heimisch geworden. Sie braucht eine Stelle, die von allen Seiten dem Wind zugängig ist, also eine Kuppe oder eine Höhe (Bischofshagen, Geißbrink, Wittel-Hoächte, Mennighüffen-Langenhagen, Mennighüffen-Horst). Möglicherweise haben die Windmühlen auch strategische Bedeutung gehabt, zumal ihr Bau auch von den Preußenkönigen gefördert wurde.

In einer alten Akte vom Jahre 1779 heißt es: „In der Vogtey Gohfeld sind drei königliche Mühlen befindlich, nämlich die Wassermühle auf der Salzkoctur, die neuerbaute Windmühle in der Bauerschaft Bröderhausen und die gleichfalls neuerbaute Windmühle zu Bischofshagen, welche drei Mühlen dem Beamten (d.h. dem Amtmann von Hausberge) noch in Zeitpacht verblieben. Sonst sind bei den Gütern Beck und Ulenburg, Ovelgönne und Schockemühle Wassermühlen vorhanden, so wie es auch in der Vogtey viele Klippmühlen gibt (Reinertsberg im Anzeiger und Tageblatt).

Vielleicht darf ich hier anmerken, daß in meine Jugendzeit zu Pfingsten die beiden höchsten der schräggestellten Flügel Maibäume zierten und bei einem vorüberkommenden Leichenzug die Mühle stillgestellt wurde.

Daß die Wind- und Wassermühlen bis auf wenige Ausnahmen verschwunden sind, mag uns ein Anlaß sein, sie in der Erinnerung festzuhalten und ihnen so ein Denkmal zu setzen. Man hat allerdings versucht. Man allerdings versucht, einige Mühlen unter Denkmalschutz zu stellen. So hat man im Kreise Minden-Lübbecke ein „Mühlenstraße“ gebildet, aber da die Mühlen keineswegs alle praktisch genutzt und entsprechend unterhalten und gepflegt werden können, können sie nur „Denkmale“ bleiben. Auch die Einrichtung als Gaststätten und Jugendherbergen bringt keine echte Lösung. – Darum unser „Nachruf“!

Welche Mühlen gibt es denn noch im Löhner Raum? – Ich glaube , besser ist die Frage: Welche Mühlen gab es denn im Löhner Raum? – Jede Mühle hat ihre Geschichte, eine kurze oder längere Geschichte. Manche Mühlen hatten überörtliche, andere geringere Bedeutung und blieben „Klippmühlen“. Über manche Mühlen wissen wir Viel, über andere wieder sehr wenig.

Und nun wollen wir uns einmal die Mühlen der früheren Gemeinde Gohfeld näher ansehen und versuchen, etwas aus ihrer Geschichte zu hören. Fangen wir einmal bei der Mahner Mühle am sogenannten Mühlenbach an.

 

Die Siekmannsche Mühle in Mahnen

Unter der Überschrift „Unter den Eschen rauscht eine Mühle“ wird in der Löhner Zeitung vom 26.  September 1952 ein Interview mit dem inzwischen verstorbenen Besitzer der Mahner Mühle, Wilhelm Siekmann, gebracht, aus dem wir hier das wichtigste wörtlich übernehmen, da es uns wertvolle Aufschlüsse über die Geschichte der Mühle gibt: „Vor ungefähr hundert Jahren – genaue Angaben kann Herr Wilhelm Siekmann uns nicht machen, da bei dem Bombenangriff auf Löhne im März 1945 auch seine Mühle zerstört wurde und damit alle Dokumente verloren gingen – wurde von dem Pächter der Becker Mühle, Herrn Wöhrmann, die Mühle erbaut. Er hatte hundert Taler erspart und war die Abhängigkeit vom Gutsherrn leid. Doch mit seinen hundert Talern und seinem Unternehmungsgeist schaffte er es nicht ganz: denn als er das Wasserrad und den Schrotgang fertig hatte und die Sparren gerichtet waren, da war auch seine „Puste“ zu Ende, und er mußte verkaufen.

Caspar Eggersmann, der Großvater des jetzigen Besitzers, hatte schon seinen Sack mit Schiffszwieback fertig, um nach USA auszuwandern. Da hörte er von der Mühle in Löhne (Mahnen). Schnell entschlossen packte er zu und kaufte den Rohbau, der noch keine Fenster und Türen hatte. Es war kein einfacher Entschluß, denn nur im Winter lieferte der kleine Bach genügend Wasser für den Teich, um das Mühlenrad in Bewegung zu setzen. Im Sommer war Caspar Eggersmann als Zimmermann tätig.

Damals floß die Werre noch 300 m entfernt von der Mühle in ihrem alten Bett, das noch heute als „Alte Werre“ bekannt ist. Die Bauern von der Löhner (Mahner) Seite mußten die Fähre benutzen, um ihr Korn in der Becker Mühle mahlen zu lassen; denn eine Brücke gab es damals noch nicht über den Fluß. Da konnte es passieren, daß der Bauer Rolfsmeier, der Fährmann, abends die Leute einfach stehen ließ, wenn er schon zu Bett gegangen war. Müllermeister Eggersmann griff nun zur Selbsthilfe, damit man von Beck unabhängig wurde. Er baute eine Dampfmaschine. Es war ein tolles Ding, wie uns Herr Siekmann erzählte. Denn er hat dieses Ungeheuer noch kennen gelernt und selbst damit gearbeitet, bis es 1910 ausgedient hatte, weil man auf Elektrisch umstellte. Es war die erste Dampfmaschine im Kreis Herford, die Vater Eggersmann in Betrieb nahm. Er baute dann den zweiten Mahlgang ein, dazu eine Beutelkiste für feineres Mehl. Ferner nahm er eine Ölmühle in Betrieb so wie auch eine Bokemühle zum Flachsstampfen. Der große mehrere Zentner schwere Bokerstein liegt heute noch im Hof der Mühle als Begrenzungsmauer vor dem Gefälle, in das heute noch das Wasser des Mühlenbaches stürzt. Im Jahre 1884 übernahm dann der Vater des jetzigen Besitzers, August Siekmann, die Mühle. Er schaffte eine Dreschmaschine an, damit der Betrieb vergrößert würde. Herr Wilhelm Siekmann, der lange Zeit als Meister zur Prüfungskommission  für Müllergesellenprüfungen gehörte ist weit herumgekommen. Die Bomben zerschlugen ihm sein Lebenswerk. Aber schon im Jahre 1945, als nur wenige an Wiederaufbau dachten, hatte er seine Mühle wieder in Gang gesetzt. Steine und Räder sangen wieder ihre Melodie im Mühlenbachtal.

Die Ländereien rings im die Mühle gehörten einmal zum Lükenhof, einem Gut, das in der Gegend der Mühle gelegen haben muß. (Es handelt sich hier um den Hof Lükensmeier, Bischofshagen Nr. 4, heute Windmann, Am Mühlenbach 7, der im Jahre 1680 einen Grundbesitz von 68 Morgen Land hatte. Der Verf.) Die Gutsherrin „mochte gern einen“, wie uns Vater Siekmann sagte. Danach ging ein Stück Land nach dem anderen drauf. Für eine Seite Speck konnte man einen Morgen Land erwerben. Ein Stück Land in der Nähe der Mühle heißt heute noch der „Speckacker“. Die Geschwister des Großvaters von Herrn Siekmann wanderten alle aus. So machte sich einmal ein Bruder seines Großvaters auf, um in Amerika seine Schwester zu besuchen, von deren Aufenthalt er nichts wußte. Er suchte sie quer durch das große Land. Auf seinen Wegen von Farm zu Farm führte ihn der Zufall nach Illinois, wo er eines Tages müde auf einer Farm Einlaß begehrte und von den deutschen Farmern auch aufgenommen wurde. Dieses „Märchen“ ist wahr und durch Briefe belegt, wie uns Herr Siekmann erzählte.“

Soweit also der letzte Müller Siekmann über die Geschichte der Mahner Mühle. Wenige Jahre vor dem zweiten Weltkrieg ist die Mühle auf Elektrizität umgestellt worden. Im Jahre 1960 wurde auch der 20 Meter hohe Schornstein gesprengt und die Mühle stillgelegt.

Diese Mahner Mühle hat aber mindestens schon eine Vorgängerin gehabt. Drei Eintragungen im Gohfelder Kirchenbuch beweisen uns das. Am 10. März 1733 wird Heinrich Volle im Alter von 54 Jahren beerdigt. Eine Anmerkung sagt uns: „N.B. Dieser Volle ist 1732, den 15. December elendig in der Werra unter der Mahner Mühle ertrunken und erstlich den 7. Mertz 1733 an den sogenannten Hohen Ufer im Kirchspiel Rehme wiedergefunden und ist also ¼  Jahr weniger 2 Tagen verloren gewesen. – Gott sey uns allen gnädig.“

Auch die zweite Eintragung ist eine Unglücksmeldung:

„Begraben wurde am 29. May (1744) Gerdt Heinrich Eikhoff aet 51½ Jahr“ „N.B. Dieser Mann ist vor 9 Wochen Vorm Siehl bei der Mahner Mühle mit dem Schiff nebst noch ein Mann aus Löhne gefallen und erst gefunden.“

Die dritte Eintragung stammt aus dem Jahre 1745: „Begraben den 9. Februar der Mahnsche Müller Cordt Hinrich Vogelsang aet 44¾ Jahr“. – War dieser Vogelsang nun Besitzer oder Pächter der Mühle? Ich möchte vorläufig annehmen, daß er der Pächter der Mühle war, und daß der Eigentümer einer der Besitzer der Mahner Höfe, Reinkensmeyer, Rolfsmeyer oder vielleicht Volle (jetzt Schmidt) war.

Nach Culemanns Beschreibung des Amtes Hausberge aus dem Jahre 1739 (mit Nachträgen) befand sich in Mahnen unmittelbar an der Werre eine königliche Wassermühle mit vier Mahl-gängen, die 1751 durch Überschwemmung weggerissen worden ist. 

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Bramschebach (Brömkensbach)

Weser-Werre-Else

Wenden wir uns nun den Mühlen im Brömkensbachtal zu. Ganz am Oberlauf dieses Baches muß vorzeiten eine Mühle betrieben worden sein, deren Standort heute nicht mehr genau auszumachen ist. Aber die Besitzung Pahmeyer, Bischofshagen Nr. 51 (jetzt Kohlflage Nr. 9), wird immer noch als „Mühlenhof“, ihr Besitzer als „Mühlmeier“ und das angrenzende Feld des Bauern Krutemeier, Jöllenbeck Nr. 2 (jetzt In der Schlage Nr. 2) als „Mühlenkamp“ bezeichnet. Wahrscheinlich ist der Mühle hier an dem kleinen Rinnsal der „Treibstoff“ ausgegangen. Möglicherweise war sie die Vorgängerin der benachbarten  Viesemühle oder der Krutmühle, von denen gleich noch zu reden ist.

Die Viesemühle

Hart an der Bundesstraße 61, genau auf der Grenze zwischen den beiden Gemeinden Gohfeld und Schwarzenmoor, jetzt Grenze zwischen den Städten Herford und Löhne, liegt die „Viesemühle“ oder „Fuisemühln“. Seit langen Jahrhunderten wird das bemooste Mühlenrad vom Wasser des Brömkensbaches oder Bredenbaches (Bramschebach), der hier eigentlich kaum den Namen Bach verdient, angetrieben. Der Name vermag nicht ohne weiteres gedeutet zu werden, doch könnte man annehmen, daß er mit den drei „fisseligen“ kleinen Bächen, die hier die „Brömkensbike“ bilden, zusammenhängt.

Die erste urkundliche Erwähnung findet die Mühle, oder richtiger, ihr Besitzer, in dem aus dem Jahre 1680 stammenden „Verzeychnis freyer Spann- und Handdienste des Ambts Hausberge, Vogtey Gohfeld“. Unter den Brinksitzern der Bauerschaft Bischofshagen, die „jährlich drei Freydienste mit Harken zu tun schuldig sind“. befindet sich auch der „Viesemöller“. Näheres über die Besitzung vermittelt das Höfeverzeichnis der Bauerschaft Bischofshagen von 1682 und 1683. Unter der Nummer 63, später28, finden sich folgende Angaben: „Henrich itzo (jetzt) Johan Fieselmöller, Eigenbehöriger Brinksitzer, giebt jährlich: An Zinskorn 3 sch. (Scheffel) Hafer, An allerhand kleinen Geldgefällen: 1 gl. (Groschen) Mühlenzins, 1 gl. Ölmühlengeld, 7 gl. Zuschlagsgeld, 1 gl. Ostergeld. An Viehe: 1 Huhn. An Diensten: 4 freye Dienste jährlich. Giebt sooft der Fall kömbt wegen des Leibeigentums Weinkauf, Erbtheil und muß Freybriefe lösen.

Hat bey seiner Städte an Länderey: Saatlandt 12 ½  Morgen 10 Ruthen; Wiesenlandt 3 ¼  Morgen; Gartenlandt 1/8 Morgen 13 Ruthen. Sa. 16 5/8 Morgen 8 Ruthen.“

Die Viesemühle an der Bundesstraße 61 in Bischofshagen

Unter den kleinen Geldgefällen seien hier besonders der Mühlenzins und das Ölmühlengeld hervorgehoben. Eine gleiche oder ähnliche Abgabe führt das Verzeichnis für keinen anderen Hof der Bauerschaft Bischofshagen auf. Es kann daher angenommen werden, daß diese Mühle als „amtliche“, später „Königl. Mühle“ galt. Nach mündlichen Überlieferungen wurde das Wasser des kleinen Brömkensbaches zum Antrieb der Getreidemühle, der Ölmühle und der Bokemühle nacheinander ausgenutzt.

Bei der Revision der Feldregister 1745 erklärten die Eingesessenen der Bauerschaft Bischofs-hagen auf Befragen, daß sie ihr Korn „insgesamt auf der Königl. Mühle vermahlen lassen“. Da der Vieselmöller „königl. eigenbehörig“ und der Mühlenzins nachgewiesen ist, muß angenommen werden, daß sie hier ihr Getreide vermahlen ließen. Namentlich erwähnt wird  in diesem Jahr Henrich Vieselmöller. Das Beerdigungsregister der Kirchengemeinde Gohfeld nennt im Jahre 1705 „Die Vieselmöllersche“ mit dem Zusatz „Moritz der Viesel Möller“  und bereits im Jahre 1673 werden getraut Otto Vieselmöller und Ilsab. Noltings.

Man möchte annehmen, daß im Laufe der Jahre die Mühle etwas mehr in den Hintergrund getreten und die Landwirtschaft zum Haupterwerb geworden ist. Im Register von 1752  ist aus dem „Vieselmöller“ ein „Viesemeyer“ geworden. Sein Viehbestand ist mit drei Pferden, zwei Kühen, einem Rind und drei Schweinen angegeben. Das die Mühle dabei in eigener Verwaltung geblieben ist, können wir dem Heuerlingsregister entnehmen, denn für den „Viesehof“ ist kein Heuerling aufgeführt. Aus seiner märchenhaften Stille wird das Tal und damit auch die Viesemühle am Ende des 18. Jahrhunderts aufgeschreckt. Hart an der Mühle vorbei wird um die Jahrhundertwende vom Freiherrn vom und zum Stein die Köln-Mindener Straße gebaut, so nahe, daß sogar der Straßenwall als Wehr für den Mühlenteich genutzt werden kann. Was die alte Mühle und ihre Besitzer in den Kriegsjahren von 1806 bis 1813 alles zu sehen und zu leiden bekamen, kann hier nur angedeutet werden. Der alte Kotten, der etwas abseits am Kohlflager Weg liegt (Besitzerin Frau Hagemeier), ist noch ein Zeuge dieser Zeit. Wenige Tage vor dem Tode des großen Preußenkönigs Friedrich wurde er am 25. Juli 1786 von Johan Herm. Schmedt und Maria Catrina Viesemeiers gerichtet Man möchte fast den Spruch, den die Erbauer über die große Eingangstür setzen ließen, auch als ein Sich-Fügen  in das große Preußenschicksal werten, doch ist es gewiß auf das eigene zu beziehen: „Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen, der Name des Herrn sei gelobt“ Vielleicht darf man aber einfach annehmen, daß der Vorgänger dieses Hauses durch eine Feuersbrunst vernichtet wurde.

Wir könnten noch darauf hinweisen, daß man auf dem Fiesehof ganz gut in der Wolle saß, so das Ernst Heinrich Kuhlmeyer, Jöllenbeck Nr. 29, am 18. Januar 1823 unter Assistenz von Carl Heinrich Schmidt, Depenbrock 23, mit drei Kreuzen quittiert, vom Colonus Fieselmeyer „1oo Thaler Brautschatz in klingender Münze“ erhalten zu haben, daß Caspar Heinrich Fieselmeier 1831 einen etwa vier Morgen großen Platz in der Schlage mit einem „zugestalten“ 8 Fuß breiten Fahrweg für 95 Thaler „Courant“ aus der Gohfelder Mark kauft, oder Heinrich Vieselmeier 1842 unter Ausfertigung eines großen Vertrages mit dem Landrat des Kreises Herford, dem Fiskus 7 Ruthen 71 Fuß Holzgrund „behufs Wegebau“ für 2 rth. 2o sgr. und 8 Pfennig überläßt? Das sind sicher Kleinigkeiten, weisen aber doch auf die wirtschaftliche Lage, auf die damals schon notwendige Verbreiterung der Köln-Minderner Straße und auf die Markenteilung hin.

Das jetzige Wohnhaus (Besitzer August Kuhlmann) wurde 1834 von Caspar Heinrich Fiesemeyer und Catrine Louise Kleimeiers, der „Schoppen“ 1864 von Herman Heinrich Baumann und Wilhelmine geb. Oberdiek, erbaut. Wir sehen, daß nun im Zuge der neuen Zeit auch ein Namenswechsel eingetreten ist. Während sonst immer der Hofname übernommen wurde, ist jetzt der Name des Mannes ausschlaggebend. Lediglich im Volksmund lebt der alte Name weiter. Das mag auch ein Auszug aus einem alten Testament vom 13. November 1861 weiter erhellen. Am 13. August 1861 erscheint vor dem Königlichen Kreisgericht in Herford die Witwe Kolon Anna Catharine Louise Schmidt, genannt  Fieslmeier, geb Kleimeyer zu Bischofshagen Nr. 28, um ein Testament zu Protokoll zu geben (u. a.). „Aus der Ehe mit meinem vor 13 Jahren verstorbenen Manne Caspar Heinrich Schmidt, genannt Fieselmeyer habe ich nur zwei Kinder, nämlich 1. die Annemarie Louise Engel, verehelicht an den Ackersmann Carl (?) Heinrich Stucke Nr.2 zu Bischofshagen, welche jetzt noch lebt und 2. die Annemarie Christine Henriette, Ehefrau des Kolon Hermann Heinrich Baumann, welche mit ihrem Manne zu mir gezogen und welche bereits am 29. März v.J. mit dem Tode abgegangen ist. Diese meine beiden Töchter habe ich in der Gutsübertragung vom 24. August 1848 und Nachtrag vom 6. Juni 1850 vollständig abgefunden.

Ich habe meiner Tochter, der Ehefrau Stucke, Inhalts dieser Urkunde eine Barabfindung von 1400 rtl. nebst Brautwagen gewährt. Die Abfindung ist längst geleistet und hat dieselbe in Gemeinschaft mit ihrem Ehemanne auf alle weiteren Erbansprüche an meinen und meines verstorbenen Ehemanns Nachlaß in der Urkunde vom 6. Juni 1850 Verzicht geleistet.

Meiner Tochter, der Ehefrau Baumann, habe ich dagegen nach Inhalt der vorgedachten Urkunde mein gesamtes unbewegliches Vermögen samt Haus-, Vieh- und Feldinventar zu ihrer Abfindung übertragen.“

Kurz vor dem zweiten Weltkrieg ging der „Viesehof“ in den Besitz des Landwirts Hermann Kuhlmann über, dessen Besitzung dem Standortübungsplatz Herford zum Opfer fiel. Die Mühle selbst blieb im Besitz der Familie Viesemeyer-Baumann und wurde Eigentum der Familie Möller, da der männliche Erbe im ersten Weltkrieg gefallen war. Über vierzig Jahre verwaltete der Müller Heinrich Stratmann die Viesemühle.

Hier sei noch der Pachtvertrag vom 17. Januar 1918 wiedergegeben, da in ihm u. a. das Inventar, das zu einer Mühle gehört, im einzelnen aufgeführt ist. („Am 17 Januar 1918 verpachtet Heinrich Baumann, Colon und Mühlenbesitzer zu Bischofshagen 28, dem Müller Heinrich Sratmann zu Bischofshagen die zu seinem Hofe gehörige Mühle mit Dampf- und Wasserkraft mit zwei Mahlgängen nebst der dabei befindlichen Wohnung, Garten und sonstigen sämtlichen Zubehör, wie solches in einem beiliegenden Verzeichnis aufgeführt ist. „Ein par Ritzel Sandsteine, ein par Franzosen Sandsteine, eine Beutelkiste, 2 Elwatoren, ein Steinkasten, eine Welle mit vier Scheiben, ein Korb, ein Eimer, 2 Mehlkisten, vier Riemen, ein Wasserrad mit Welle, ein eisernes Kammrad mir Vorgelege, Eine Königswelle mit Stirnrad und Lagerloch, eine Welle mit Scheibe und konisches Vorgelege, Zwei Spindeln mit zwei Ritzel, Spur und Federkeil, Ausrückungs-Antrieb von Dampf. Eine liegende Welle, Konisch-Antrieb und ein Riemen, eine stehende Welle, Ritzel und Lagerbock mit Spur, Vorgelege zur Drescherei, stehende Welle mit Korbrad, Konische Räder und Lagerbock mit Spurgespann, eine liegende Welle mit zwei Lagerböcken. Eine Lokomobile sieben Atmos Druck, eine Winde, drei Schraubenschlüssel, ein Pareisen.) Die Pacht beginnt am 1. Oktober 1907 (?) (1917). Pacht jährlich 800 Mark. Der Pächter ist verpflichtet sämtliches Brot- und Schrotkorn, welches der Verpächter zu seinem Bedarf in seiner Wirtschaft verbraucht, umsonst zu mahlen. Ebenso ist der Pächter verpflichtet, die Dreschmaschine und die Häckselmaschine des Verpächters durch das in der Mühle angebrachte Vorgelege durch Dampf oder Wasser zu jeder Zeit, wenn der Verpächter es verlangt, in Betrieb zu setzen. Für Dreschen erhält der Pächter eine Entschädigung von 40 Pfg. pro Stunde, dagegen für Häckselschneiden keine Entschädigung.“

Der neue Besitzer Möller hat die Mühle den Erfordernissen der Zeit entsprechen umgestaltet und modernisiert. Das alte bemooste Mühlenrad viel den durchgeführten Arbeiten zur Schaffung von Lagerräumen für den aufgenommenen Getreide- und Futtermittelhandel zum Opfer. Doch nur verhältnismäßig kurz war diese Zeit für die Viesemühle. In Auswirkung des Konkurses mußte sie verkauft werden und gelangte in den Besitz des Mühlenbesitzers Meyer, Mennighüffen-Ostscheid, Blutwiesenweg, der sie in jüngster Zeit zu Wohnungen einrichten läßt. Verstummt ist das „Ricke-Racke“ der alten Viesemühle am Brömkesbach; verklungen das Lied von der Mühle „In einem kühlen Grunde“. Geblieben ist nur noch von dem alten Volkslied „Dort unten in der Mühle“ die wehmütige letzte Zeile: „Da ging das Rad nicht mehr!“

Ja, auch das Sterben der Mühlen macht wehmütig! Aber wir haben in unserem Leben schon viel Altes, Gutes missen müsse! Und wir haben schon auch von vielen Mühlen Abschied nehmen müssen! Wir eilen trotzdem weiter und denken doch der vergangenen Zeiten!

 

Die Krutemühle

Es sind nur noch wenige alte, einheimische Leute, die sich ihrer erinnern können. Die Krutmühle gehörte dem Bauern Krutemeyer, Jöllenbeck Nr. 2, jetzt Schlage Nr. 2, mehr zum Stickdorn gehörig als zur Schlage. Dieser Hof hatte früher auch Länderein unterhalb der Viesemühle am Brömkensbach. Dort hatte Krutemeyer eine Mühle angelegt. Sie ist gewiß in erster Linie für die Vermahlung des eigenen Getreides gedacht gewesen. Über Entstehung und  Begründung der Mühle fehlen alle Anhaltspunkte. Es war ein altes Fachwerkhaus, das in meiner Jugendzeit von dem Müller Henning bewohnt wurde und der auch die Mühle betrieb. Wir Kinder fuhren mit meinem Vater gern zu dieser Mühle, nicht nur deswegen, weil wir hier außer der Reihe ein schönes „Stutenbutter“, ein Butterbrot von selbstgebackenem Weißbrot, erbten, weil uns der Müller die Haare schnitt, sondern mir erschien dieser so ruhige Mann so etwas wie ein Philosoph zu sein. Mein Vater unterhielt sich gern mit ihm, besonders, wenn wir auf das Vermahlen eines mitgebrachten Sacks Korn warteten. Er hatte eigentlich immer Körner im Munde, die er zerkaute. Auch von einem Gespräch sind mir die Worte in Erinnerung geblieben: „Hermann“, sagte er, natürlich in Plattdeutsch, „ett giff niu Lui, dä witt bleoß acht Stunne aboädn, acht Stunne schloabn, acht Stunne nicks döon un acht Mark Geld vodoä’n!“ – Das war lange vor dem ersten Weltkrieg. Ich habe oft mit meinem Bruder im Handwagen einen Sack Getreide zur Krutmühle gefahren, wenn mein Vater mit Pferd und Wagen keine Zeit hatte. Das verschwiegene Tal, das große, sich langsam drehende Mühlenrad und der große Mühlenteich veranlaßten uns immer wieder zu neuen Erkundungsgängen. – Die Hennings zogen aus, die Mühle stand leer und wurde abgebrochen schon vor dem ersten Weltkrieg. Kein Stein, kein Baum zeugt von diesem Idyll!

Der Platz gehört jetzt zum Gelände des ehemaligen Truppenübungsplatzes.

 

Nagels Mühle

Nur wenige hundert Meter westwärts am Brömkensbach liegt Nagels Mühle. Ja, hier darf man auch noch einmal die Gegenwart gebrauchen. Allerdings ist auch diese Mühle nicht mehr in Betrieb, obwohl noch der Mühlenteich, heute der Fischzucht dienend, noch etwas von der Schönheit des alten Mühlenidylls ahnen läßt. Ich halte sie für eine der ältesten Mühlen, wenn nicht gar die älteste Mühle im heimischen Bereich. Diese meine Vermutung stützt sich allein auf das Alter und die Größe des Nagelschen Hofes, Bischofshagen Nr. 1, des ehemaligen Hessinghausen. Dieser größte und auch wohl älteste Hof der früheren Gemeinde Gohfeld, Bauerschaft Bischofshagen, hätte einfach nicht ohne eine eigene Mühle auskommen können. Das heißt, sobald Wassermühlen in unserer engeren Heimat eingerichtet wurden, würde sicher in Hessinghausen ein solche gebaut worden sein. Genannt wird die Mühle Nagel in Hessinghausen neben dem Fiesemüller, Rürup Müller, Müller in Melbergen, und Held aufm Wittel in Culmanns Beschreibung des Amtes Hausberge aus dem Jahre 1793 (mit Nachträgen). Erwähnt fand ich die Mühle auch in einem Güterauszug des Nagelschen Hofes, der einem notariellen Vertrag vom 3. Dezember 1845 angeschlossen ist. Diese Mühle, von der sonst zur Zeit keine weiteren Angaben haben, ist, wie angedeutet, gewiß ursprünglich für den Eigenbedarf des Hofes eingerichtet, hat dann im Laufe der Zeit auch die allmählich sich bildende und wachsende Nachbarschaft in den Kundenkreis einbezogen. Schon die Tatsache, daß kein offizieller Weg zur Mühle führt oder führte, erhärtet diese Annahme. Jeder Mühlenbesucher muß den Hof oder anderes Gelände des Nagelschen Hofes überqueren. Ich würde auch annehmen, daß eben im Hinblick auf die Größe des Hofes („Hessinghausen“ – „Ubbn Höbn“), der bis zum Ausbruch des Dritten Reiches noch über 75 Hektar Grund und Boden verfügte, auch eine Ölmühle und eine Bokemühle mit dieser Getreidemühle verbunden waren. Die Mühle war, soweit das rückschauend zu erkennen ist, eine Heuerlingsmühle, eine Pachtmühle. Wenige Menschen kannten diese so versteckt liegende Mühle, bis Notzeiten auch in dieser Richtung findig und erfinderisch machten.

 

Helds Mühle

Noch weniger weiß ich von der letzten Mühle am Brömkesbach, der auf Löhner Gebiet liegenden Heldschen Mühle zu sagen. Auch sie, mahlt kein Korn mehr zu dem kräftigen Brot. Da sie zur Gemeinde Löhne gehört, soll sie auch nicht in unsere Überlegung einbezogen werden.

Wir wenden uns nun dem Haubach zu, der neben dem Mahner Mühlenbach der kleinste Bach der Gemeinde Gohfeld ist. Seine Quellen liegen im Wesentlichen an den Nordhängen des „Bischofshagens“, also besonders im Katzenbusch. Er wurde auch schon bald gestaut und mußte im „Roßdalle“ schon eine Mühle, die zum Hof Richter, Depenbrock 5, („Richts in’n Höben“) gehörte, speisen. Über ihre Geschichte vermag ich auch hier nichts zu sagen, als daß ich mich noch an einen Teich, der später als Feuerlöschteich ausgebaut war, in der Nähe der neuen Autobahn, erinnern kann. Seit wann und wie lange die „Heobihke“ den Antrieb für die Mühle stellte, ist nicht festzustellen. Die Mühle wurde zeitweilig auch von einem von Pferden gezogenen Göpel angetrieben, da das Wasser zu oft nicht ausreichte (Roßmühle).

Nun wandern wir vom Bischofshagen aus das Sudbachtal in Richtung Werre entlang. Ich entsinne mich noch aus meiner Jugendzeit, daß der Bauer Stühmeier, Bischofshagen Nr. 5 der seinerzeit noch einen Steinbruch betrieb, dort in der Nähe seines Hofes an der Häger Staße noch ein Wasserrad hatte, das wahrscheinlich für die Häcksel- und Dreschmaschine ausgenutzt wurde. Man kann das heute einfach nicht verstehen, da man dort keine Rinnsälchen oder Bächlein findet. Und doch floß dort aus dem feuchten und fast abflußlosen Gebiet des „Platzes“. Der zwischen Häger Straße und Langen Straße lag, ständig ein Wässerlein in Richtung „Fiuln Peohl“. Das fragliche Gelände ist entwässert und urbar gemacht, teilweise auch bebaut worden. Der Steinbruch, später zur Wiese kultiviert, heute durch das Anfahren von Erdmassen weitgehend ausgeglichen, wies dem Bächlein den Weg.  In früheren Jahrhunderten war auch das Tal „In’n fiuln Peohle“, man hat den Weg,  der das Tal durchquert, nun vornehm als „Fasanenweg“ bezeichnet, weit wasserreicher. Hier hat der Hof Held, Bischofshagen Nr. 10, (Hägerstraße) einst eine Mühle betrieben. Im Höferegister der Bauerschaft Bischofshagen,wird der Halbspänner Jost Held aufgeführt, der einen Besitz von „63 Morgen mit Mühle“ hatte. Wann die Mühle, abgelegen „im fiuln Peohle“, der neuen Zeit zum Opfer gefallen ist, ist unbekannt.

Vielleicht 1000 Schritt bachabwärts,  nachdem sich die drei Quellbächlein vereinigt haben, nutzte Bauer Hartmann („Habn inna Subihke“), Jöllenbeck 10 (jetzt Nolting), das Wasser der alten „Jöle“ für seine Mühle aus. Die Mühle ein altes Fachwerkgebäude, das gegenüber dem Hofe auf der anderen Seite des Sudbachweges lag, ist mir aus meiner Jugendzeit noch in Erinnerung, doch wurde die Mühle damals schon nicht mehr betrieben. Die Straßenbezeichnung „Am Mühlensiek“ oberhalb des Sudbachtales zur Hoächte hin, will die Erinnerung an diese Mühle Wachhalten.

 

Die Gohfelder Mühle

Bekannter schon ist noch die „lüttke Mühlen“ nördlich der Nordbahn an der Weihestraße in Gohfeld. Ich könnte mir vorstellen, daß nicht etwa der mindere Wuchs eines Müllers der Anlaß für die Bezeichnung “Lüttke Möller“ gegeben habe, sondern daß tatsächlich noch eine größere Mühle in Gohfeld vorhanden gewesen ist. Ob die Eintragung im Gohfelder Kirchenbuch vom 24. Oktober 1641 sich auf die „lüttke Mühln“ in Gohfeld bezieht, ist nicht unbedingt sicher, aber sehr wahrscheinlich: Getraut wurden an diesem Tage „Cordt Wegener, der Müller und Anneke Rurups Ufn Sudbrink“. Der Name Rürup könnte auch auf die Rürupsmühle hindeuten, jedoch sind dort in der fraglichen Zeit andere Müllersleute nachgewiesen.

Bekannter ist die Mühle und seine Besitzer durch den Gohfelder Mühlbrunnen geworden. Besonders in Zeitungsberichten aus dem Jahre 1952 war mehrfach von ihm die Rede. So berichten die „Löhner Nachrichten“ von 1. Februar 1952: „Seit einigen Tagen entwickelt sich an der Depenbrocker Mühle lebhafter Betrieb. Maschinen und Bohrgeräte sind angefahren, und dem Vernehmen nach gilt dieser Aufwand dem „Gohfelder Brunnen“. Er soll zu neuem Leben erwachen.

Der Brunnen hat eine lange und wechselvolle Geschichte. Er gehört zu den zahlreichen Mineralbrunnen der „Pyrmonter Achse“, die im heimischen Bezirk zutagetreten. Bei dieser Achse handelt es sich um eine geologische Begriffsbestimmung, die Solevorkommen in den oberen Gesteinsschichten bezeichnet und von Pyrmont bis in den Raum Osnabrück reicht. Die Sole- und Thermalquellen Bad Oeynhausens fußen auf ihr, eine Reihe weitere Mineralquel-len im Ravensberger Lande ebenfalls. Nach der örtlichen Überlieferung ist der „Gohfelder Mühlbrunnen“ vor vielen Jahren erbohret worden .Sein Wasser trat bis dahin aus eigener Kraft ans Licht des Tages und versickerte nach dem Sudbach, dem Mühlenbach zu.“ – Die „Freie Presse“ schreibt am 2. Februar 1952 u.a.: „Bis in die zweite Hälfe des Jahres 1951 stand in einer Nische der hohen Steinmauer eine hohe eiserne Pumpe, die dann eines Tages aus unbekannten Gründen abmontiert wurde.“ – „Was ist das für ein Sprudel in Gohfeld?“ Die Alten meinen, daß man ihn schon vor rund hundert Jahren kannte. Der auf dem Grundstück des Müllers Gottlieb Müller entspringende Sprudel trat erst im Jahre 1900 auf. Man fand im „Taschenbuch des Königlichen Bades Oeynhausen“ eine ganzseitige Anzeige, die von dem „Oeynhauser Mühlbrunnen“ berichtete. Unmittelbar am Bahnhof Gohfeld war diese Quelle gelegen. Begutachtet hatte diese Quelle ein Prof. Dr. König aus Münster, dem folgende Analyse zu verdanken war: Für einen Liter Oeynhausener Mühlbrunnen ergaben sich folgende Bestandteile: „Natron 4,765, Kalk 0,135, Magnesium 0,015, Schwefelsäure 1,2856, Chlor 4,5816, freie und gebundene Kohlensäure 0,3489. Das Wasser wurde empfohlen bei Darmkatarrh, Appetitlosigkeit und bei Blasenkatarrh.“ Die Badeverwaltung Oeynhausen ließ erkennen, daß sie kein Interesse am Besitz des Brunnen hatte. Um so größer war das Interesse der Bevölkerung an der Heilquelle. Schließlich kamen täglich 300 bis 400 Flaschen zum Versand. Die Eisenbahn mußte bei ihrer Verbreiterung im Jahre 1914 eine hohe Mauer ziehen, um den Brunnen zu erhalten. Der Brunnen ließ aber nun mit der Zeit nach und soll jetzt wieder zur Nachbohrung zu größerer Ergiebigkeit angeregt werden. – Wie lange? – Nach dem nun der Besitzer gestorben ist, fließt nun auch der Gohfelder Mühlbrunnen nicht mehr, und die „Lüttke Mühln“ hat auch schon seit vielen Jahren sich zu dem Liedschluß bekannt: „Da ging das Rad nicht mehr“.

Der Mühlenteich ist längst verschwunden, und die Gebäude werden anderweitig genutzt.

Doch hören wir, was uns ein Zeitungsbericht (W.Z. Nr. 211 vom 11. September 1951) erzählt: „Die Mühle am Sudbach in Gohfeld. – Leibeigenschaft ist keine Sklaverei – Erbpachtvertrag von 1778.

Am Sudbach in Gohfeld geht noch heute eine Mühle, die wohl zu den ältesten gehört, die das Land kennt. Der Vater des jetzigen Besitzers starb während des ersten Weltkrieges und hat seinen Kindern mehr als einmal davon erzählt, daß diese Mühle schon an 300 Jahre im Besitz der Familie Müller oder, wie sie sich vor 200 Jahren schrieb, Moeller gewesen sei. Rein äußerlich hat die Mühle manche Veränderung erfahren, so wurde sie 1874 umgebaut, außerdem erhielt sie um 1930 einen Anbau, und zuletzt hat der jetzige Besitzer nach dem zweiten Weltkrieg das alte Mühlenrad entfernen und die Mühle auf Turbinenkraft umstellen lassen. Tritt man aber ins Innere der Mühle, so scheint uns altes Gebälk von längst vergangenen Zeiten erzählen zu wollen.

Für das Ravensberger Land wird die Mühle der Gohfelder Müller besonders interessant, weil in ihr die Urkunde aufgehoben wird, die genau davon berichtet, wie einst im Jahre 1778 der Vertrag zwischen den Gutsherren und den sich in Eigenbehörigkeit begebenden Johann Heinrich Möller aufgesetzt wurde. Es hat sich für das Wissen der ravensbergischen Geschichte um sehr späte Eigengebung gehandelt, die in den vielen Paragraphen beweist, daß es sich nicht, wie oft behautet wird, bei der Eigengebung in Westfalen, um eine mindere oder stärkere Abart der Sklaverei handelt, sondern das sie im Westfälischen tragbar, milde und gemäßigt war und mehr einer Vertragsschließung auf Gegenseitigkeit entsprach.

Gutsherr war um diese Zeit der Freiherr Hilmar v. Grapendorf. Bei ihm wurde der eingesetzte Pächter der Wassermühle in Gohfeld vorstellig und schlug im vor, ihm, Johann Heinrich Möller, die Mühle in Erbpacht zu geben. Der Gutherr ließ sich von den Gründen, die eine bessere Rentabilität nachwiesen, überzeugen und schloß einen Vertrag, demzufolge sich der Müller mit Frau und Kind in sein Leibeigentum begab. Folglich hatten die Müller für künftig und für alle Zeiten mit Frau, Kindern und Kindeskindern und der gesamten Nachkommenschaft als Eigenbehörige des Freiherrn zu gelten.

Als Gegenleistung erhielt der Müller erblich und zur immerwährenden Nutzung außer Mühle und Mühlenteich den Anger oberhalb derselben und außerdem noch weitere sechs Morgen Land, so daß der neue Erbpächter sich nicht nur als Müller, sondern auch als neuer Colon bezeichnen konnte. Dafür übernahm er es, für die Instandhaltung der Mühle und des Mühlenteiches zu sorgen und des weiteren für den Bau einer neuen Scheune, in der das Getreide gelagert werden konnte, dergestalt zu sorgen, das in dem neuen Gebäude gegebenenfalls jemand wohnen konnte. Selbstverständlich mußte der Müller sich auch verpflichten, den Wasserzufluß zur Mühle in Ordnung zu halten, ebenso wie den Abfluß nach der Werre hin.

Für die Nutzung von Mühle und Land mußte der neue Erbpächter dem Gutsherrn jährlich 20 Reichstaler in Gold zahlen und 52 Handdienste leisten. Zu Martini mußte er jährlich ein Schwein liefern. Dafür sollte dem Müller das Recht auf eine Mahlzeit bei Ablieferung des Deputates zustehen. Genau festgelegt wurden in dem Vertrag die Verpflichtungen, die dem Müller beim Mahlen erwuchsen. Außerdem wurde er ganz besonders davor gewarnt, heimlich Mehl, Graupen oder Grütze zu entwenden! Der damaligen Sitte entsprechend wurde für die  Übertragung  der Mühle und der Grundstücke ein Weinkauf festgelegt, ein Wort das sich nach unseren heutigen Begriffen am besten mit Einstand übersetzen läßt. Bemerkenswert waren seiner Zeit die Hinweise, daß der Müller auf einen Teil derer nicht rechnen könne, die eigentlich bei ihm hätten mahlen lassen müssen; aber die damalige Zeit kannte genaue Unterschiede, die vor allen Dingen schärfstens darauf achteten, wer laut königlicher Verfügung in königlichen Mühlen mahlen lassen mußte.

Der Vertrag enthält noch Paragraphen über Sterbefälle usw. und vor allen Dingen einen, der zu vielen Mißverständnissen Anlaß gegeben hat. Ein Wort ist in diesem Absatz oft vollkommen mißverstanden  und falsch ausgelegt worden, und ist doch nur der Ausdruck für etwas, was nicht den geringsten Makel auf die Vertragsschließenden wirft. Der Gutsherr behielt sich nämlich das Recht des „Bettmundes“ vor. Darunter ist nichts anderes zu verstehen als eine Geldbuße, die der Vater eines unehelichen Kindes dem Gutsherrn der evtl. Mutter zu entrichten hatte. Am Schluß des Vertrages geloben nicht nur die neuen Eigenbehörigen, sich ihrer Herrschaft gegenüber stets treu zu verhalten, sondern auch der Gutsherr verspricht, seinen Erbpächter und dessen Familie zu schützen und ihnen nichts Ungebührliche auf zubürden.

So bewahrt die Familie Müller in der Gohfelder Mühle am Sudbach eine der interessantesten Urkunden, die das Land an der Werre aufzuweisen hat, den Erbvertrag vom 7. Oktober 1778.“  Soweit der Bericht der W.Z. aus dem Jahre 1951

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Aber nun nun müssen wir uns doch dem Mittelbach zuwenden. Dieser Bach hatte früher, bevor er ins das Gebiet der jetzigen Stadt Löhne, früher Gemeinde Gohfeld, eintrat, schon eine Mühlenarbeit zu leisten. Hart an der Grenze zwischen der alten Grafschaft Ravensberg und dem früheren Bistum Minden, die Nachbildung eines alten Grenzsteines deutet diese Grenze noch an, liegt die Taakenmühle, zu Exter-Solterwisch, jetzt Stadt Vlotho gehörig. Sie ist über Jahrhunderte hinaus nachzuweisen, doch soll ihre Geschichte hier nicht näher erörtert werden, obwohl sie gewiß auch Kunden aus dem heimischen Bereich betreut hat. Sie soll schon im Jahre 1588 begründet sein, aber seit Jahrzehnten ist es auch hier vorbei mit dem klappernden Mühlenrad.

 

Die Rürupsmühle

Zu den ältesten Mühlen im heimischen Bereich müssen wir auch die Rürupsmühle (2010 wird sie vom Verein ”Vom Korn zum Brot” gegr. 1980 betreut) im Mittelbachtal rechnen. Wenn die Eintragungen aus dem Dreißigjährigen Krieg auch nicht mit Sicherheit die Rürupsmühle meinen, so besteht doch die große Wahrscheinlichkeit, daß sich folgende Beurkundungen im Gohfelder Kirchenbuch auf die Rürupsmühle beziehen: „Am 14. Majus 1636 heiratet Johan Vieselmeyer Magdalehne Borgstede im Sieke Vor d. Borg.“

Bei der Eintragung im Heiratsregister vom 24. Oktober 1641 deutet der Name der Braut Anke Rürup auch darauf hin, daß der Bräutigam „Cord Wegener der Möller“, der Müller in der Rürupsmühle gewesen sei. Es ist allerdings auch möglich, daß er in der Gohfelder Mühle sein Handwerk ausübte. Sichere hinweise haben wir aber aus den ersten Jahrzehnten nach dem Westfälischen Frieden: Am 4. November 1652 heiratete „Johan fahrson Anne Marie Meyers in rürups Sike.“ Am 20. Julius 1656 wird eine Taufe beurkundet und „Otto Vahson Ufm B.Hagen, jetzt in der Mühle im Sieke“, als Vater des Täuflings genannt. Unterstrichen wird diese Tatsache durch eine Taufe im Januaris 1670. Hier werden „Johan Vahrson in der rürupsmühle und Anna Magr. Meyers“ als Eltern angeführt. 1689 heiratet „amTage Andreä, den 30. Nov. Tönns Henrich Vahrson/Rürup Ann Ilsabe Taken“. – Aber es kann hier nicht unsere Aufgabe sein, die Ahnentafel oder den Stammbaum der Rürupsmüller bis in die Gegenwart hinein aufzustellen, da das den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde. Wir haben hier lediglich feststellen wollen, daß die Geschichte der Rürupsmühle immerhin bis in die Zeit des großen Krieges zurückreicht und daß die einheiratenden Müller immer wieder ihren Familiennamen zugunsten des Handwerks und der Mühle aufgeben mußten. Auch die letzten Rürupsmüllers haben zwar amtlich ihren Namen Büschenfeld durchsetzen können, doch heißen sie im Volksmund die „Rürupsmöllers“, auch wenn die Mühle dort im Sieke längst das Klappern aufgegeben hat. Die mit der Mühle verbundene Landwirtschaft wurde zum Haupterwerbszweig.

Der Mittelbach, der vom Mühlenteich aus die Mühle durchfloß, hat inzwischen ein anderes Bett erhalten, und der Mühlenteich ist ebenfalls ganz verschwunden. Selbst aus seiner verwunschenen Verstecktheit holten moderne Bagger die alte Mühle und den Mühlenhof, da man den Boden vor der Mühle für die Ziegelei Friedrichsmeyer ausbaggerte. – Und kein Mühlenrad rauscht mehr im Tale. Oder wird die abbruchreife Mühle doch noch wieder als technisches Denkmal restauriert? Am Mittelbach hat es gewiß noch eine ganze Reihe von Mühlen gegeben. Ich denke da an Held. Es gab früher eine „Niesten Held“ und einen „Östen Held“. Während der „unterste Held“, Melbergen Nr. 5, seinen „heldischen“ Namen über vier Jahrhunderte hinweg behalten hat, nennt sich der Besitzer des „obersten“ Heldschen Hofes, seit einigen Generationen „Strunk“ (Depenbrock 14). Der „Oberste Held“ hatte oberhalb seines Hofes am Mittelbach eine Mühle, die in alten Akten erwähnt wird. Aber die jetzige Generation weiß nichts mehr von ihrer Tätigkeit oder ihrer Zurruhesetzung. – 

Etwa 1000 Meter bachabwärts  liegt die Mühle Kemena (früher Wickenkamp, Melbergen Nr. 18) an der Koblenzer Straße. Auch hier liegt der einstige Mühlenteich ausgetrocknet und verwachsen und ist „arbeitslos“. Das Mühlengebäude selbst dient wohl heute mehr dem Futter- und Düngemittelhandel als dem ursprünglichen Zwecke. Die Geschichte der Mühle liegt im Dunkeln. Urkundlich erwähnt wird der Brinksitzer Johan Wikkenkamp, Melbergen Nr. 18, erstmalig im Jahre 1680. Seit wann auf der Besitzung eine Wassermühle betrieben wird, ließ sich nicht ermitteln.

 

Die Melberger Mühle

Am Zusammenfluß von Mittelbach und Osterbach, unweit der Einmündung in die Werre, liegt „Hahnen Mühle“, ein heute weithin bekanntes Unternehmen. Seit dem Jahre 1848, also seit mehr als 130 Jahren, ist uns die vielseitige Geschichte dieser Mühle („Hundert Jahre Hahnen K.G. Mühlenwerke“ von Wilhelm Eilbracht) bekannt. Aber wo liegen die Anfänge dieser Mühle? – Dürfen wir annehmen, daß sich die beiden Eintragungen im alten Gohfelder Kirchenbuch auf diese Mühle beziehen? „Am 18 November 1686 wurde Johan Herman Meyer, itzo Müller in Mehlbergen“ mit „Anna Cathr. Steinigers, Witwe Möllers“, getraut. Aber diese Ehe war nicht von langer Dauer. Gut ein Jahr später, „am 13. December 1687 wurde getauft Johan Henrich, Pater: Johan Herman Möller, welcher eodie (daselbst) in der mühle das Kamrad gefaßet und Elendig getödtet, Mater: Anna Catrina Steinigers“.

Am 28. September 1848 kaufte der Müller Carl Dietrich Hahne, der bisher die „Koturmühle“ auf Neusalzwerk bei Rehme gepachtet hatte, die Mühle des verstorbenen Müllers Vogt, genannt Fischer, im Wege der Versteigerung für 1.965 Taler. Nach gründlicher Überholung nahm Dietrich Hahne ein Jahr später den Betrieb auf. Es standen der Mühle drei Wasserräder, zwei oberschlächtige und ein unterschlächtiges, zur Verfügung, mit dem ein Mahl-, ein Schrot- und ein Graupengang betrieben wurde. Auf Anregung seiner Kunden, die durchweg Bauern aus dem Bereich der Kirchengemeinde Gohfeld waren, legte er auch noch eine Bokemühle (Bukemühln) an. Etwa 20 Jahre lang spielte sich der Betrieb in der ursprünglichen Form ab. Mit der ständig steigenden Einwohnerzahl stieg auch der Bedarf an Bauholz in der Gemeinde. Aber auch das aufstrebende Bad Oeynhausen meldete seinen Bedarf an. Durch das Anlegen neuer Straßen und durch die Verbesserung der vorhandenen Straßen und Wege wurden Verkehr, Handel und Wandel in der Region belebt. Und so gliederte Dietrich Hahne seinem eben erst durch eine Bokemühle erweiterten Betrieb im Jahre 1868 noch ein Sägegatter an.

Die neue Erweiterung machte die Aufstellung einer Dampfmaschine notwendig, die erste, die im heimischen Bereich aufgestellt wurde. – Mit ihr setzte er das Sägewerk und die Mahlgänge zugleich in Gang. Aber eine weitere Umstellung und Erweiterung machte sich notwendig. Die alten Wasserräder wurden durch eine Turbine ersetzt. Auch die Inneneinrichtung wurde maschinell erweitert und verbessert, so daß der Betrieb allen Anforderungen der Herstellung von Schrot, Mehl und Graupen gewachsen war.

Im Jahre1887 übernahm der jüngste Sohn des Begründers, Carl Hahne, den Betrieb. Unter seiner Leitung nahm die Versorgung der heimischen Bäcker mit Weizen- und Roggenmehl einen beträchtlichen Umfang an. Darüber hinaus entwickelte sich ein ausgedehnter Verkehr mit der Landwirtschaft durch den Umtausch der heimischen Produkte gegen hochwertiges Saatgut.

In den ersten Jahren nach der Jahrhundertwende wurde der Herstellung von Grütze und Graupen erneut große Aufmerksamkeit geschenkt. Im Jahre 1912/13 entstand ein mehrstöckiges Gebäude mit entsprechend maschineller Einrichtung für die Herstellung von Haferflocken. Damit wurde ein großzügiges Bauprogramm eingeleitet, das sich über mehrere Jahrzehnte hinwegzog.

Wir wollen hier nicht weiter auf die Einzelheiten der Entwicklung der Mühle bis zur „Hafernährmittelfabrik“ eingehen, wollen aber noch vermerken, daß im Jahre 1923 das „Rosenthal“-Grundstück angekauft wurde, auf das das Sägegatter verlegt wurde. Am Ostflügel des Betriebsgebäudes wurde dann 1928 ein Silobau errichtet, um so der Erweiterung der Flockenproduktion Rechnung zu tragen.

Anmerkung:

Am 25. April 1980 verstarb plötzlich Herr Fritz Müller aus Düsseldorf, nach dem er noch wenige Tage vorher an der Jahreshauptversammlung des Heimatvereins Löhne teilgenommen und sich an Ort und Stelle um heimatgeschichtliche und familiengeschichtliche Fragen bemüht hatte. Leider kamen durch den plötzlichen Tod seine entsprechenden Arbeiten, er bemühte sich besonders um die Geschichte der Familie Müller-Möller in Melbergen und um den Melberger Zehnt, nicht zum Abschluß. – Am 29. Januar schrieb er an den Vorsitzenden u.a.:

„Mit meiner Familienforschung bin ich jetzt soweit, daß ich jetzt die Chronik der Möller zu Melbergen und ihrer Mühle schreiben kann (1600-1855). Mir fehlen nur noch Unterlagen für die Zeit um 1600.

Ein Tönnies Möller zahlt 1608/9 14 gr. Wischgeld und ein Heinrich Möller in der gleichen Zeit 12 Gr. In den Akten des STA Münster, KDK Minden (1568/69) erschein bei der Bauerschaft Melbergen der Name Möller noch nicht. Die Hofstelle Melbergen Nr. 37 (Möller) muß demnach zwischen 1572 und 1608 errichtet worden sein. Wann die Mühle gebaut wurde, ist ebenfalls unbekannt. Sie wird erstmals im Kataster von 1682 erwähnt. Nach diesem Kataster zu urteilen scheint die Mühle jedoch nicht im Obereigentum des Landesherrn gestanden zu haben. In der genannten Urkunde heißt es: „Tonius jezo Johan Henrich Möller, ein churf. leibfreier Brinksitzer, 31 Jahre alt und hat pp.“ Am Rande steht vermerkt: „Dieser hat eine Mühle, Giebet dem Dohmkapithul.“ – Danach zu urteilen hat das Domkapitel zu Minden irgendwelche Rechte. – Die Hofstelle Melbergen Nr. 37 (Möller) lag eingeklemmt zwischen den heutigen Hofstellen Melbergen Nr. 1 (Kemena), Nr. 3 (Schnathorst-Schnatsmeier) und Nr. 12 (Eikenjäger-Eckernjeger). Wahrscheinlich ist die Hofstelle Möller durch Abtrennung von Grundstücken eines dieser Höfe errichtet worden, um einem nichtan-erbenberechtigtem Sohn eine Existenzmöglichkeit zu verschaffen. – Dem Vernehmen nach soll der erste Müller dieses Namens von dem Hofe Melbergen Nr.3 (Schnathorst-Schnatsmeier) abstammen.“

 

Die Windmühlen in Bischofshagen und Wittel

Nach den Wassermühlen sollen nun auch die beiden Windmühlen der ehemaligen Gemeinde Gohfeld zu ihrem Recht kommen, die Windmühle auf dem Hagen und die Windmühle auf der Witteler „Hoächte“.

Ich habe eingangs schon darauf hingewiesen, daß die erste Windmühle im heimischen Bereich, „die gleichfalls neuerbaute Windmühle zu Bischofshagen“ im Jahre1779 urkundlich erwähnt wird. Sonst ist über die Geschichte dieser Mühle, die sich seit drei Generationen im Besitz der Familie Weber befindet, nichts bekannt. Der massive Mühlenstumpf  leuchtet weit-sichtbar von der Höhe des „Hagen“ am alten Postweg in das Hügelland zwischen Wiehen und Osning hinein. In den Jahren nach dem zweiten Weltkrieg fielen die Flügel der Rationalisierung zum Opfer, und der elektrische Strom besorgte den Antrieb. Ob Bemühungen um den Erhalt des Mühlenrumpfes zum Erfolg führen, oder ob gar die Mühle voll restauriert werden kann, läßt sich zur Zeit nicht absehen. Schön wäre es! Das angefügte Photo, das vom Verfasser in den dreißiger Jahren gemacht wurde, zeigt die Bischofshagener Windmühle in ihrer einstigen Schönheit.

Windmühle in Bischofshagen - 1932

Völlig verschwunden ist seit etlichen Jahren die Windmühle auf der Wittler Höhe (Uppa Hoächte“), nachdem auch hier der der Holzrumpf viele Jahre hindurch vergeblich auf einen Retter gewartet hat. Diese Mühle ist wesentlich jünger als die Häger Windmühle, doch ist uns aus ihrer Geschichte mehr bekannt als aus der ihrer Konkurrentin. Doch lassen wir an Hand eines Aufsatzes von Mr. (Meister) in den „Westfälischen Neuesten Nachrichten“ Nr. 247 vom 21. Oktober 1937 den Windmüller Heinrich Weihe selbst über die Geschichte der Mühle berichten

„Wenn wir die Reichsverkehrsstraße 61 in Richtung von Herford nach Bad Oeynhausen entlangfahren, taucht auf der rechten Seite aus dem Hügelland hoch oben auf dem Wittel eine stattliche Windmühle auf. Weitausholend drehen sich ihre windfangenden Flügel, ein Knarren geht durch das feste Gebälk, und auf ihrer höchsten Spitze spielt munter eine Windrose ihr unermüdliches Spiel.

Windmühlen hat es vor wenigen Jahrzehnten noch eine ganze Menge in Minden-Ravensberg gegeben. Langsam aber drang auch hier die Technik mit ihren Neuerungen vor, Maschinenkraft, billig gestaltet, verdrängte durch Mehrleistung die Kraft des Windes, und so manche Ruine ragt nur noch mit ihrem Kegelbau in die Luft; die Flügel fehlen.

Dabei haben diese Windmühlen fast alle eine interessante Vergangenheit. Schon damals, als sie dem Druck der Technik noch nicht ausgesetzt waren, galten sie vielen Dichtern als willkommener Gegenstand lyrischen Schaffens. Auch das Volkslied hat sich ihrer mit Liebe angenommen. Sei es, daß die Lage der Mühlen auf höchsten Bergspitzen den Besucher mit einer herrlichen Aussicht in das Land überraschte, oder der in dieser Höhe unermüdlich brausende Wind eine geheimnisvolle Melodie sang, jedenfalls waren unsere Windmühlen immer ein besonderer Anziehungspunkt für manchen Besucher, der sich an ihnen freute.

Die Windmühle auf dem Wittel hat nicht immer auf diesem Fleck gestanden. Sie gehörte zu acht Bremer Stadtmühlen, die die Hansestadt mit Mehl zu versorgen hatten. Das war Mitte des vorigen Jahrhunderts. Sechs dieser Mühlen wurden im Laufe der Zeit stillgelegt und auf Abbruch verkauft, und nur die beiden jetzt noch vorhandenen fanden das Interesse einiger Bremer Kaufleute, die sie erwarben. Von diesen beiden ist aber inzwischen die eine ebenfalls außer Betrieb gesetzt und dient zu Museumszwecken, während die Windmühle auf dem Wittel als letzte heute noch ihre Arbeit verrichtet.

Sie dreht sich unermüdlich.

Weihes Mühle kam zunächst etwa um 1850 nach Evesen bei Bückeburg und dann 1888 auf den Wittel. Ein Einwohner aus Schwarzenmoor, namens Ohfing, baute sie unter Verwendung von 15.000 Mark auf, konnte die Mühle aber nicht lange halten und verkaufte sie an den jetzigen Besitzer Heinrich Weihe für 20.000 Mark. Heinrich Weihe ist seit 1896 Besitzer der Mühle. – Von Anfang an hatte die Mühle einen schweren Stand durch die große Konkurenz der Zahlreichen Wassermühlen, wie die Rürupsmühle (jetzt Büschenfeld), die Viesemühle „in der Schlage“ und die Krutmühle, die kurz vor dem Krieg ihren Betrieb einstellte. Als Nachbarmühlen bestanden damals ebenfalls schon die Oeynhausener (?) Mühlen von Koch und Hahne, die Wassermühle Müller in Gohfeld und die Bischofshäger Windmühle.

Dessen ungeachtet verstand es Heinrich Weihe, langsam festen Fuß zu fassen, und bald war die Müllerei auf dem Wittel im vollen Gange. Die Arbeit wurde zu dritt verrichtet. Der Müller, ein Müllergeselle und ein Müllerknecht brachten es in den Monaten von September bis Januar fertig, monatlich rund 50 Tonnen Gerste, 30 bis 40 Tonnen Mais und 25 bis 30 Tonnen Kleie und Bollmehl von der Rehmer Insel abzufahren, wohin sie durch große Weserböcke gebracht wurden. In harten Wintern, wenn die Weser Treibeis führte, legten die vollbeladenen Schiffe in dem geschützten Hafen von Minden an, von wo aus der Weitertransport besonders schwierig und mühselig war. Der alte Müller weiß sogar noch zu berichten, daß er eines Tages, als ihm die Ankunft der Ware zu lange dauerte, sich selbst auf den Trab gemacht habe, um in Minden an Ort und Stellen nach dem Rechten zu sehen. Dort sah er dann das fast Unmögliche, Zwei-Zentner-Säcke Mais mußten über drei Böcke, die nebeneinander lagen, hinweggetragen und dann ans Land gebracht werden, was sehr schwierig war, da die Böschung ziemlich hoch ist. Er erzählte auch noch, daß die Schiffer das Eis gestampft hätten, damit die Böcke nicht einfroren.

Im Kriege trat durch die Zwangswirtschaft und nach dem Krieg durch die Inflation eine grundlegende Änderung der Geschäftslage ein, die hier nicht weiter erörtert werden soll, da sie unseren Lesern zu größten Teil selbst in Erinnerung sein dürfte.

Aus der Chronik der Mühle sei aber noch folgendes erwähnt. In folge eines Wirbelschneesturmes im Jahre 1905 wurde die Windrose heruntergerissen, deren Neuanschaffung damals nicht weniger als 1.000 Mark kostete. Im Jahre 1907 traf die Mühle wiederum ein hartes Geschick. Durch einen plötzlich aufkommenden Wintersturm wurde das Dach der Mühle abgedeckt und gegen den Flügel gedrückt, was einen Flügelbruch zur Folge hatte. Auch der Schornstein und der Funkenfänger der Dampfdrescherei wurden dabei zerstört. Noch vor zwei Jahren also 1935, erlitten drei Mühlen unseres näheren Heimatbezirkes, die Babbenhausener und die Rolandsche Mühle auf der Lohe, die ja jetzt abgebrochen werden soll, und die Weihesche Mühle, schweren Schaden durch eine noch gut in Erinnerung stehenden Sturmnacht.

Aber auch ein Unglück, das ein blühendes Menschenleben kostete, knüpfte sich an die Geschichte der Wittler Windmühle. In einem unbewachten Augenblick hängte sich im Jahre 1912 ein erst zwölfjähriges Mädchen – die Mühle setzte gerade wegen Windstille eine Weile aus – an einen der Flügel und stürzte, nachdem es acht Meter hoch getragen wurde, ab. In sieben Stunden war das Kind seinen Verletzungen erlegen.

In der Zeit vor dem Kriege führte die Mühle den bezeichnenden Namen „Manövermühle“, wovon wohl noch mancher Einwohner aus Ort und Umgebung genug Interessantes zu berichten weiß. – Soweit aus der Geschichte der Witteler Windmühle.

Heinrich Weihe ist mit seiner Mühle alt geworden, und nur ein leichter Kummer drückt ihn, das nämlich keiner seiner Söhne das Müllerhandwerk erlernt hat. Vielleicht ist damit das Schicksal der Mühle, die ihre anderen Schwestern als einzige bis heute überleben konnte, besiegelt, aber wir wollen doch hoffen, daß sie und ihr Besitzer in kurzer Zeit das halbjahrhundertjährige Bestehen feiern können. Mr.    

                                                                                                                    Heinrich Ottensmeier
                                         Aus „Beiträge zur Heimatkunde der Städte Löhne und Bad Oeynhausen“ Heft 6/7 1980